„Ausgangspunkt für den Roman ist die Frage: Wo endet die Gestaltbarkeit des eigenen Lebens? Wie geht ein junger Mensch mit seinem Schicksal um? Rothmaier – sie ist selbst Mutter eines behinderten Kindes – lässt uns aus der Perspektive eines Mannes blicken, der die Abweichung als Normalität akzeptiert hat. Und doch bäumt sich Konrad irgendwann dagegen auf. Sein Ausbruch steht gleich am Anfang des Romans und strukturiert die Erzählung: eine lange Autofahrt mit der 17jährigen Tochter Lio, kunstvoll verschränkt mit verschiedenen zeitlichen Ebenen aus den ersten Jahren ihres gemeinsamen Lebens. (…) Ungewöhnlich ist Beate Rothmaiers literarische Auseinandersetzung mit der Gattung des Comics. Erzählerische Mittel der
“graphic novel” werden teilweise verwendet, wenn es um komische und absurde Situationen geht, die in diesem Roman ebenfalls ihren Platz haben. Weit über Comic-Niveau hinaus ragt wohlgemerkt die Sprache in diesem Roman – präzise, sensibel, klug. Beate Rothmaier zeigt, wie schon bei ihren beiden Vorgänger-Romanen: welch’ einfühlsame und begnadete Erzählerin sie ist.“ Deutschlandradio Kultur 23.9.2013. Zur Besprechung von Olga Hochweis „In komprimierten ausdrucksstarken Szenen kommen höchst ambivalente Gefühlslagen und schockierende Handlungsimpulse ans Licht: formuliert mit poetischer Präzision, die sich auch in der sicheren Positionierung komischer Elemente zeigt.
Hier zeigt sich, daß Rothmaier ihre Siebensachen beisammen hat: Via Verflechtung von wissenschaftlichem, umgangssprachlichem und poetischem Vokabular bildet sich eine gegenwartsnahe, zugleich wie aus weiter Ferne kommende Antwort auf die Frage, weshalb dieses Los gerade diesen Mann und seine Tochter getroffen hat: Jene legendären, das Schicksal in sich bergenden DNA-Ketten sind nicht, so Konrads Erkenntnis, das Produkt einer großen kreativen, zielsicheren Geste der Biologie. Vielmehr formieren sie sich im wertfreien Spiel mit den Möglichkeiten. Ohne dieses Spiel gäbe es keine Genialität, nicht die Wunder der Evolution. Deren Wunden jedoch sind die »Affenkinder«, die »spontanen Mutationen«: Man sollte auch ihnen ein Denkmal setzen.“ Armin Schreiber in: konkret, 12/2013 „Zuerst ist da die Liebesgeschichte zwischen einem Comiczeichner und einer exzentrischen Informatikerin, die in Zürich und der Einsamkeit der Berge spielt. Dabei gelingt Beate Rothmaier in einfühlsamen Naturbeschreibungen eine ganz eigene, poetisch verdichtete Sprache. Dann bekommt die junge Frau ein behindertes Kind. Dann verliebt sich der Vater in eine neue, aufregende Frau. Soll er die Treue zum älter, aber nicht selbstständiger werdenden Kind halten oder sein persönliches Recht auf Glück und Freiheit durchsetzen? Bis zuletzt hält der Roman durch überraschende Wendungen seine Spannung. Die intensive Sprache nimmt einem beim Lesen regelrecht den Atem – bis zum Finale an der Steilküste des Meeres. Dieses Buch ist mehr als ein Beitrag zum Thema Pränataldiagnostik und dem Umgang mit dem Anderssein: Es erhebt vielmehr literarische Ansprüche und löst sie ein.“ Tages-Anzeiger Zürich, 16.9.2013 „Beate Rothmaier erzählt ihre ungewöhnliche Geschichte in einer ebenso ungewöhnlichen Form. Besonders die Szene am Schluss könnte von größter Bedeutung sein – womöglich stellt sie das, was man gerade noch für das Ende der Geschichte halten wollte, im letzten Moment auf den Kopf. Beate Rothmaier hat diese kurze Schlusspassage „Twist“ genannt. Ein angemessenes Finale für dieses verstörende, großartige Buch.“
WDR 5, Scala vom 9.9.2013. |
„Das Buch entwickelt einen ungeheuren, manchmal unheimlichen Sog. Beate Rothmaier gelingen sinnlich gesättigte Augenblicke von oft archaischer Wucht.“
NZZ am Sonntag, 2010 „Es ist vor allem dieser fantasievolle und ernste Ton,
der einen in den Bann zieht, die eindringlichen, gewaltigen Bilder des Buchs. Virtuos hält Beate Rothmaier die Balance zwischen den Tagträumen eines heranwachsenden Mädchens und der sie umgebenden irritierenden Realität. Ein Meisterwerk.“ Deutschlandradio, 2010 Ein Adoleszenzroman, der scheinbar latent in der Ereignislosigkeit schwebt. Beate Rothmaiers barocke Sprachvirtuosität führt die Leser wie in einem Traum in das hauchdünne Zwischenreich von Kindheit und Erwachsensein; ein Reich in dem die Elfen tanzen und üppige Nebelschleier das Zerbröseln der Kindheit nur scheinbar verhüllen. Das Neue wird genauso ungeduldig erwartet wie ängstlich ferngehalten. Mit «Fischvogel» ist der Autorin ein phantastischer, virtuos langatmiger Roman über das Dazwischen gelungen.
Beatrice Stoll, arte, 15.3.2010 So eine Geschichte könnte sich auch heute zutragen, oder morgen, jederzeit. Beate Rothmaier aber wählt das Westdeutschland der 70er Jahre, ein Land im Umbruch: Terrorbedrohung durch die RAF, Watergate, Guillaume-Affäre, Umweltprobleme. Eine ‚Geliebte’ heißt hier noch ‚Verhältnis’. So weit weg!
Diese halbverblasste Polaroid-Welt ist Hintergrund für die Geschichte von Mika, einem gerade noch 13jährigen Mädchen. Mika ist ein ‚Fischvogel’. Der Vater, Bildhauer von Beruf, und die ‚Nur’-Mutter kümmern sich aufopfernd um den sterbenskranken jüngsten Bruder, der namenlos bleibt, immer nur „der Kleine“ heißt. Mika leidet unter der Hintanstellung all ihrer Bedürfnisse, sie wird hin und hergeschoben, von der Mutter zum Vater zu den älteren Brüdern, zur Freundin. Die Eifersucht auf das Brüderchen, das alle Aufmerksamkeit absorbiert, gipfelt in einem Mordversuch. „Alles, alles würde gut werden. Der Kleine tot sein und alles wie vorher.“ Beate Rothmaier scheut den Tabubruch nicht, führt die Leser an eigene Abgründe, ein Höhepunkt in diesem dichten Roman. Das Richten liegt der Autorin fern. Sensibel, aber wohltuend objektiv beschreibt sie, wie die Abwesenheit der Eltern Mika einen Sommer der Entdeckungen beschert. Sie nutzt die Freiheit, die aus der totalen Nicht-Beachtung erwächst, macht alles, was unbeobachtete Mädchen immer schon mal machen wollten. Sie entdeckt und erprobt ihre Sexualität und findet heraus, dass sie kein (Back-)Fisch mehr sein möchte, sondern Vogel. „Ein Hochschnellen, ein Sprung über die Grenze zwischen Wasser und Luft. Fliegen lernt man nicht, indem man fällt, dachte sie. Sondern indem man springt.“ Dieser Roman ist – wie der Erstling ‚Caspar’ – ein Entwicklungsroman. Wir begleiten die Hauptfigur ein Stück Wegs auf ihrem Werdegang vom Mädchen zur jungen Frau, vom Fisch zum Vogel. Doch wer fliegt, kann abstürzen… Dieser atmosphärisch knisternde Roman ist sensibel und engagiert. Man kann nur hoffen, dass der stille Ruf des Fischvogels gehört wird. Ralf Günther, Sächsische Zeitung, 2010 |
„In Beate Rothmaiers Roman zeigt sich ein so eigenwilliges wie souveränes erzählerisches Ingenium. Ihr poetischer Realismus nach Art Conrad Ferdinand Meyers bedient sich eines kunstvoll archaisierenden Idioms und geht doch wundersam zu Herzen.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.9.2005 „Dieses Buch hat mich in diesem Jahr am meisten beeindruckt!“
Brigitte Kronauer, Falter, Wien, 2005 „Beate Rothmaier ist das kleine Wunder gelungen, ein intelligentes, gekonnt inszeniertes und stilistisch eigenständiges Buch zu machen.“
Süddeutsche Zeitung, 3.8.2006 „Ein Fabulierkunststück, das aus der üblichen literarischen Produktion hervorsticht; nahe gebracht durch eine artistische Prosa, die archaisch wirkt, ohne altertümlich zu sein, die sehr kraftvoll ist und doch zugleich höchst subtil in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit. Ob Caspar atmet, Angst hat oder einen glücklichen Moment erlebt – man erfährt es in unmittelbarer Leibhaftigkeit.“
Deutschlandradio, 8.2.2006 „Immer wieder schaltet Rothmaier Serien von Sinneswahrnehmungen in den Text ein, die den Leser durch die Präzision der Wortwahl und des dem Vorgang eigentümlichen Rhythmus’ zur Kompassion drängen.“
Frankfurter Rundschau,16.8.2006 „Ein glänzendes Debüt, dem man mindestens ähnlich viele Leser wünscht, wie sie Schlafes Bruder fand. Eigentlich mehr. Denn es ist besser.“
Die Welt, 24.12.2005 „Sinnlich, zupackend und bildhaft ist das Vokabular, rasant das Tempo. Jedes Wort scheint mit einer dunklen Energie aufgeladen zu sein. Man kann dem Sog aus Angst, Überlebenswillen und überschäumender körperlicher Energie, die Caspar treiben, kaum widerstehen.“
Tages-Anzeiger, Zürich, 2005 „Rasch entfaltet der Roman seine Sogwirkung. Dank seiner sinnlichen Sprache zieht der Text die Leser in seinen Bann.“
Neue Zürcher Zeitung, 18.08.2005 „Der Förderpreis zum Friedrich-Hölderlin-Preis 2006 der Stadt Bad Homburg v.d. Höhe (Stiftung Cläre Jannsen) wird verliehen an Beate Rothmaier für ihre Prosa, zumal für den Debütroman Caspar, der mit seiner so kraftvollen wie federnden Sprache ein reales Kinderschicksal vom Ende des 18. Jahrhunderts in sehr gegenwärtige Literatur verwandelt. Beate Rothmaier verfügt gleichermassen über Bilder der Natur und des sozialen Lebens, über historische Kenntnisse und überzeitliche Phantasie, also über Genauigkeit und Seele. Das ist ein Versprechen.“
Jury des Friedrich-Hölderlin-Preises 2006 „Caspar liest sich wie im Rausch. Beate Rothmaier ist ein überaus bemerkenswerter Roman gelungen, so aufwühlend, mitreissend und selbstbewusst, wie es ein Debüt nur selten ist.“
Annette Scharnberg, Weltwoche, 11.11.2005 „Anrührend und ohne jedes Abgleiten in Kitsch oder Klischees versteht es Rothmaier, Caspars Hunger nach Zärtlichkeit darzustellen.“
Der Bund, 24.10.2005 |