VERANSTALTUNGEN IM NOVEMBER
PEN. POETS ESSAYISTS NOVELISTSDas PEN Zentrum Deutschland hat mich am 2. Mai 2024 als Mitglied aufgenommen.
Danke an Katrin Seglitz, die mich als Mitglied vorgeschlagen hat, und meine Fürsprecher Arnold Stadler und Martin von Arndt. ONE PAGEFür Eilige. Das Wichtigste über mein Schreiben. Auf einer Seite zum Download.
DAS KROKODIL UMARMENKinder haben und Künstlerin sein, beides muss möglich sein, denkt Marlen. Als alleinerziehende Mutter schreibt sie an ihrem ersten Roman. Mit ihrer Freundin Fee feiert sie wild und ausgelassen, lebt allein und frei. Bis die Begegnung mit einem einflussreichen Literaturagenten, dem üblichen Machtmenschen und Gewalttäter, ihr Leben auf den Kopf stellt. Sie muss sich retten – und ihr Schreiben.
Weil wir bei den Tieren sind, dachte Marlen und ging, als sie und die Kinder aus dem Winterschlaf erwacht waren, mit ihnen ins Naturkundemuseum. Jeden Mittwoch Nachmittag kamen sie hierher schauten sich was an. Reptilien, Schnecken, Schmetterlinge. Ausgestopftes und Formalinkonserviertes. Heute regnete es und es gab nicht viel zu tun. Heute gingen sie zum ersten Mal ins Untergeschoss, wo kaum Leute waren, wo man an alten Holztischen sitzen konnte, auf festgeschraubten Hockern, Marlen mit Emily auf dem Schoß, Amelie links von sich und Paul mit baumelnden Turnschuhen rechts, die Kinder trugen riesige Kopfhörer auf den kleinen Ohren und hörten, jeder für sich, die Wale singen. Marlen wollte Grauwale hören, doch Grauwale gab es nicht. Also hörten sie Grindwale, Pottwale, Narwale, Schwertwale. Ihre Gesänge klangen wie einst die Schiffmeldungen dumpfer Melodien aus einer Gegenwart außerhalb des wässrigen Universums Mutterleib, in dem wir noch dümpelten und warteten auf den Moment, da wir uns in die Schwerkraft dieser Welt hinausarbeiten würden, hinaus gestoßen würden. Noch war es nicht so weit, noch drang das schwingende Auf und Ab der Mutterstimme zu uns, drang durch Knochen, Fasern und Zellen, drang durch die Bauchdecke des Körpers, der uns trug, durch flockiges Fruchtwasser an unsere unfertigen Ohren. Walgesänge vibrierten in jedem Wassermolekül, aus dem wir bestehen. Bevor wir aus dem Wasser kommen auf die Welt. Wie er gezappelt hatte beim Tanzen, mit geschlossenen Augen, als stünde er unter Strom. Wie sie sich zu ihm hinüber gelehnt hatte und mit der Hand auf der Schulter in sein Ohr sprach, ob er schon einmal einen Wal habe singen hören, und er mit den Augen gelächelt, schwarze Pupillen von einem glühenden Draht umgeben, und gesagt hatte, sie wäre größer als er, metaphysisch betrachtet, und sie es nicht verstanden hatte, damals nicht und heute nicht. Einar wohnte unter ihrer Insel, von dort hörte sie seinen Walgesang. Sie, Marlen, war der Ozean durch den hindurch der älteste Orka sang. In seiner dicker Haut steckte seit Hunderten von Jahren die Harpunenspitze einer vergeblichen Jagd. Wie viele Inuit mussten verhungern, weil es ihnen nicht gelungen war, ihn zu töten und die Boote mit den Waljägern ohne Beute nach Hause zurückgekehrt waren. Der Orka aber lebte weiter, lebte dahin, ließ sich einen Wulst wachsen über dem eingedrungenen Spreißel gefertigt von Menschenhand, der ihn verletzt, aber nicht getötet, ja nicht einmal so lange festgehalten hatte, bis die Walfänger ihn mit ihren Lanzen niederstechen konnten. Er war entkommen. Die kleinen Menschen mit den Fellmützen waren verhungert. Oder den Mangelerscheinungen durch fehlenden Lebertran erlegen. Marlen hatte Mitleid mit dem Walfisch. Ihr taten alle bösgeglaubten Tiere leid. Der Hai. Der Wolf. Der Schakal. Der Geier. Der Skorpion. Die Zecke. Die Ratte. Die Hyäne. Letzterdings die Fledermaus. Und der Alligator mit seiner heimlichen Angriffslust. Verführer unter den Tieren, der seit 230 Millionen Jahren knapp unter der Wasseroberfläche dümpelte und an der Vervollkommnung seiner Scanneraugen arbeitete, der Regenerationsfähigkeit seiner nachwachsenden Zähne und der Sensoren in den Kiefern, die ihm die kleinsten Fremdbewegungen im Wasser signalisierten. So liegt er da, dümpelt, lässt sich treiben, teilnahmslos vermeintlich, meist unentdeckt, bis er zuschnappt blitzschnell, seine Beute packt mit den Kiefermuskeln und sie, zwischen die doppelten Reihen aus siebzig Reißzähnen geklemmt, unter Wasser zieht, um sie zu ertränken. Sind sie einmal tot, versteckt er die Leichen im Ufergebüsch um sie später in Ruhe zerreißen und einzelne Körperteile in ganzen Stücken verschlingen zu können. Der Roman ist noch unveröffentlicht.
FANNY IMLE
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